Mein Blog 2022 ist inspiriert durch den Kontakt mit meinen Klientinnen und Klienten. Kern der Hochsensitivität ist die Vielwahrnehmung bzw. ein breiteres Spektrum der Wahrnehmung. Damit einher gehen immer auch spezifische Bedürfnisse, die erkannt und ernst genommen werden müssen, damit ein kraftvolles Leben gelingen kann.

Hochsensitive brauchen hochbewusste Vielwahrnehmende in ihrem Leben. Meist erleben Neurosensitive im Gegenteil leider wenig Verständnis. Aufgrund ihrer empathischen Fähigkeiten geben sie dann oft mehr, als sie zurückbekommen. Dies kann, durch biografische Erfahrungen noch verstärkt, das Leben dominieren und in gravierenden Lebensfehlentscheidungen münden, wie in „Fehlentscheidungen I und II“, aber auch in „Unter Menschen“, deutlich wird. Vielwahrnehmende spüren in diesem Fall die Bedürftigkeit anderer besonders stark und bieten wie selbstverständlich empathische Begleitung an, oft ohne ein Bewusstsein für eigene Impulse und Intentionen. Andere Vielwahrnehmende ziehen sich gänzlich zurück und bleiben allein in einer gefühlt sehr kalten Welt zurück. Nicht selten sind sie wütend, wütend auf eine Welt, die ihre Bedürfnisse nicht einmal ansatzweise wahrnimmt („Unter Menschen“). Vielwahrnehmende brauchen die Erfahrung, dass sie verstanden werden und sein dürfen, ohne etwas geben zu müssen. Sie brauchen die Erfahrung, dass das Gegenüber sich seiner eigenen Bedürftigkeit bewusst ist, damit umgeht und nichts erwartet, wie in „Der Gefährte“, „Am See“ und „Endlos“ deutlich wird. Dann sind Vielwahrnehmende in großer Freiheit verbunden mit anderen und leben in ihrer Kraft. Dann kann auch der Raum geöffnet werden für intensive Momentaufnahmen, intensives Erleben im Hier und Jetzt und achtsames Gewahrsein, wie es in „Filmszene“ deutlich wird.

„Unter Wasser“ und „Abschied“ berühren, neben der für viele Vielwahrnehmende wichtigen Offenheit für Spiritualität, einen weiteren Aspekt der Hochsensitivität, den ich die „gefühlte Stimmigkeit“ nenne. Eine wichtige Qualität der Wahrnehmung, die oft zu wenig in die Persönlichkeit integriert wurde, da von außen oft abgewertet. Dem Chef zu sagen „Ich bin dagegen, weil ich kein gutes Gefühl habe“, ist meist schwierig und kommt nicht gut an. Vielleicht gibt es aber in Zukunft immer mehr Führungspersonen, die hochsensitive Qualitäten der Wahrnehmung in ihren Führungsstil einbeziehen. Nicht zuletzt sollte mein Interview im Oktober 2022 in ZEIT ONLINE ARBEIT „Eine kluge Chefin erkennt die Hochsensibilität als Potenzial“ dazu beitragen.

Ich wünsche uns für das neue Jahr 2023, dass immer mehr hochsensitive Menschen sich ihrer wertvollen Gabe bewusst werden und sie selbstbewusst leben.