Mein Gesprächspartner sagt mir: „Mit dem Tod ist alles vorbei“. Ich wage zu sagen, dass diese Aussage eine starke Begrenzung beinhaltet. Er jedoch legt fest: er vermute, ich habe ein Problem mit dem Tod und er könne mir mal mehr darüber erzählen, warum Menschen Religionen brauchen. Ich möchte gar nicht über Religion sprechen. Ich möchte nicht über Kategorien sprechen. Es geht mir um Wahrnehmung. Diese erlebe ich als nicht begrenzt. Daher ist die Aussage, nach dem Tod ist alles vorbei, allein aufgrund ihrer Begrenzung bereits fehlerhaft. Sie widerspricht nicht Denkkategorien, die ich durchaus denken kann. Mein Kopf kann denken: Es könnte sein, dass das stimmt. Es könnte aber auch nicht sein. Der Kopf glaubt daher, dass er offen und ohne Begrenzung ist. Mein Gesprächspartner sagt, er sei ein offener Mensch, da er Möglichkeit A und Möglichkeit B denken und zulassen kann. Und doch handelt es sich um festlegendes Denken. Und in einem zweiten Schritt festlegendes Reden. Beides empfinde ich als anstrengend.
Das erkundende Reden ringt nach Worten. Worte können nicht genau und in Gänze das ausdrücken, was erkundet wird. Worte sind grob, ungenau. Ein Klient von mir sagte einmal, dass es möglich sein müsste, telepathisch zu kommunizieren, damit dieses Problem endlich gelöst sei. Erkundendes Reden sprengt immer Grenzen bzw. kennt keine Grenzen. Ist offen. Offen für noch nie Gedachtes. Legt nichts fest. Bleibt im Möglichkeitsraum. Alles ist möglich. Bleibt neugierig. Lehnt nichts von vornherein ab. Dahinter steht Gewahrsein. Gewahrsein findet jenseits von Gedanken statt und ist damit wahrlich unbegrenzt. Gewahrsein hat mit Demut zu tun. Demut vor dem Erleben, vor der Erfahrung. Der Austausch mit einem Gegenüber ist dann wenig anstrengend. Es gibt keine Bewertungen mehr. Nur demütiges Staunen. Wenn es keine Bewertungen gibt, gibt es auch keine Erwartungen.
Mein Gegenüber stellt fest: Das ist nicht gut, ohne Erwartungen gibt es nur noch Gleichgültigkeit. Ich merke, wie ich in die Welt der Gedanken gezogen werde. In die Welt der Diskussion. In die Welt des festlegenden Redens. Mein Gegenüber glaubt ein tiefes Gespräch zu führen. Ich jedoch merke, wie es anfängt mich anzustrengen. Diese Art tiefe Gespräche strengen mich sogar enorm an. Zumal ich auch noch spüre, dass mein Gegenüber stolz darauf ist und sich als interessanten Gesprächspartner wähnt. Seinen Selbstwert bedient, in dem Glauben interessante Fragen zu stellen.